Die 43jährige Sekretärin wird von ihrem Hausarzt zu uns geschickt weil dieser die inzwischen häufig gewünschte Schmerzmittel-Verordnung nicht mehr für tragbar hält. Bereits seit etwa eineinhalb Jahren leide sie unter zunehmend häufiger auftretenden Kopfschmerzen. Die Kopfschmerzen kenne sie schon viel länger, früher seien diese aber nur höchstens zwei- oder dreimal im Monat aufgetreten.
Nach der Insolvenz ihres früheren Arbeitgebers habe sie zwar schnell eine neue Stelle gefunden, dort sei aber das Arbeitsklima viel schlechter und die Anforderungen höher, so dass ihre Stressbelastung stark gestiegen sei. Sie sei abends so "kaputt", so dass sie auch - im Gegensatz zu früher - zum Joggen keine Lust mehr habe.
Zunächst seien die Kopfschmerzen jede Woche einmal aufgetreten. Aus Angst vor Fehlzeiten oder einer beeinträchtigten Arbeitsleistung in der Probezeit habe sie jedesmal sofort ein Schmerzmittel eingenommen, zum Teil schon vorbeugend, um ja keinen Kopfschmerz aufkommen zu lassen. Die Kopfschmerzen seien trotzdem immer häufiger gekommen und träten inzwischen fast täglich auf. Sie nehme inzwischen mindestens 20 Tabletten eines Schmerzmittels im Monat ein.
Diagnose: Kopfschmerz bei Schmerzmittel-Übergebrauch
Der geschilderte Ablauf ist typisch für eine Kopfschmerzform, wie sie leider nicht selten vorkommt. Die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln kann selbst zu Kopfschmerz führen, dem sogenannten Kopfschmerz bei Schmerzmittel-Übergebrauch.
Das Gehirn gewöhnt sich an die regelmäßige Wirkung der Schmerzmittel, das Nachlassen bewirkt einen Entzugseffekt, der den nächsten Kopfschmerz wieder auslöst. Hierdurch kommt es zu einem immer schneller werdenden "Ping-Pong"-Effekt, an dessen Ende schließlich ein Dauerkopfschmerz mit nur mehr geringem Ansprechen auf Schmerzmittel stehen kann.
Der ursprünglich vorliegende, sogenannte "primäre" Kopfschmerz ist dann oft gar nicht mehr zu erkennen, im Fall unserer Patientin dürfte es sich jedoch um eine Migräne handeln.
Bei jahrelang regelmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln drohen schwere Nebenwirkungen, allen voran die Zerstörung der Nieren, so dass der/die Betreffende an die regelmäßige Dialyse (Blutwäsche) muss und nur noch auf eine Transplantation hoffen kann.
Der Patientin wurde von mir zunächst ein Medikament zur Dauereinnahme verordnet, welches die Häufigkeit von Migräneattacken senken kann. Ebenfalls vorbeugend gegen Migräne und stressausgleichend wirkt regelmäßiger Ausdauersport, so dass ich ihr zur Wiederaufnahme ihres regelmäßigen Joggens riet. Nach 4 Wochen war mit einem Eintritt des Vorbeuge-Effektes zu rechnen, so dass dann alle Schmerzmittel komplett abgesetzt wurden.
Erwartungsgemäß traten zunächst verstärkte Entzugskopfschmerzen auf, die dann aber nach etwa zwei Wochen nachließen. Nach weiteren 2 Wochen bestanden schon wieder mehrtägige, kopfschmerzfreie Phasen mit weiterer Tendenz zur Besserung.
Marie
Danke für den Artikel!
..meinem Mann geht es ähnlich! Er ist Trucker, nachts unterwegs, da ist natürlich
Aufmerksamkeit & volle Konzentration erforderlich!
Seit einigen Wochen klagt er fast täglich über Kopfschmerzen, fast immer am
Hinterkopf.
Er nimmt mindestens eine Tablette täglich, max. (sehr selten) zwei Tbl., also ca. 20-24 Schmerztabletten im Monat!
Wenn man's weiß, dann ist das logisch mit den Entzugsschmerzen etc.! Habe
den Artikel kopiert und sobald mein Mann zuhause ist, kriegt er ihn auch zu lesen!
..und.. ich schicke ihn zum Arzt!
Habe ich schon ein paar mal gemacht, aber diesmal wird er gezwungen 😉
Dr. Ippisch Richard
BeitragsautorHallo Marie,
wenn Ihr Mann erst seit einigen Wochen täglich Kopfschmerzen hat, sollte tatsächlich unbedingt eine neurologische Untersuchung erfolgen. Zwang ist aber der Vater der Sturheit und damit der Feind jeder Vernunft. Die Einsicht ist dagegen die Mutter der Freiwilligkeit.
Sie sollten also besser versuchen, Ihren Mann zu überzeugen, dass Schmerzmittel keine Dauerlösung sein können und es regelmäßig viel bessere Möglichkeiten gibt, den Kopfschmerz zu behandeln.
Georg
Danke für den Artikel, das bestätigt meine eigene Erfahrung: Hatte vor Jahren immer wieder massive unerträgliche Migräne, meist aufgrund zu langer einseitiger Belastung (Computerarbeit, langes Autofahren) - habe dann eine PARKEMED 500mg genommen, und innerhalb 30 min war der Schmerz wie weggeblasen - eine fantastische Erleichterung! Mit der Zeit fiel mir jedoch auf, dass der Kopfschmerz nach 1-3 Tagen wieder kam, und langsam schöpfte ich Verdacht, dass der Schmerz nun aufgrund der Tabletten kam - der Körper wollte sozusagen das Gefühl der "Erleichterung" wieder spüren. Da wurde mir klar, dass eine körperliche Abhängigkeit vorliegt und habe mit der Einnahme von Parkemed aufgehört. Achte jetzt mehr auf ausgleichende Lebensweise, und habe keine Kopfschmerzen mehr.