Es begann ganz plötzlich. Der 67jährige Rentner hatte gerade seinen Rasen gemäht, den Rasenmäher in der Garage verstaut und wollte die Tür zu seinem Haus öffnen. Beim Versuch, die Türklinke zu drücken, konnte er auf einmal den rechten Arm nicht mehr heben. Zu seiner durch Sturm-Läuten herbeigerufenen Ehefrau konnte er auch nicht mehr sprechen und ihr die Situation erklären. Trotz großer Anstrengung gelangen ihm nur mehr unverständliche Laute. Die Ehefrau reagierte sofort und verständigte den Notarzt.
Das war des Rentners Glück Nummer eins.
Glück Nummer zwei war, dass das nur ca. 30 Minuten entfernte Krankenhaus über eine Schlaganfall-Versorgungseinheit ("stroke-unit") verfügt. Die Abläufe waren eingespielt. 1,5 Stunden nach Beginn der Symptome lag bereits eine Schichtaufnahme (Computertomografie) seines Kopfes mit Darstellung der Hirngefäße vor, welche den Verschluss einer inneren Hirnarterie durch ein Blutgerinnsel zeigte. Alle anderen erforderlichen Untersuchungen waren durchgeführt. Nach 2 Stunden wurde eine sogenannte Lyse-Therapie begonnen: ein Medikament zur Auflösung des Blutpropfes wurde ihm in die Vene verabreicht.
Am nächsten Tag hatten sich seine Symptome bereits wieder komplett zurückgebildet. Eine Kontroll-Computertomografie zeigte die vollständige Auflösung des Gerinnsels - Glück Nummer drei.
Nur etwa 2% aller Patienten, die in Deutschland einen Schlaganfall erleiden, haben soviel Glück wie unser Rentner. Obwohl bereits viele Krankenhäuser heute in der Lage sind, die erforderliche Therapie des Schlaganfalls durchzuführen, scheitert die erfolgreiche Behandlung oft an der knappen, verfügbaren Zeit bis zum Beginn der Infusion. Die Lysetherapie muss spätestens 6 Stunden nach Einsetzen der Symptome begonnen werden, die Aussichten auf Erfolg sind umso besser, je früher die Behandlung einsetzt.
Die erste Voraussetzung ist also die unverzügliche Erkennung Schlaganfall-verdächtiger Symptome durch den Patienten selbst oder andere Personen und die sofortige Verständigung des Notarztes. Hieran scheitert bereits ein Großteil der Patienten. Nicht wenige Patienten legen sich erst mal ins Bett und hoffen darauf, dass die Symptome nach einem Nickerchen oder auch über Nacht schon verschwunden sein werden.
Das jedoch ist der sicherste Weg zur dauerhaften Behinderung.
Woran erkennt man einen Schlaganfall ?
Für amerikanische Sanitäter wurde der sogenannte „Gesicht-Arm-Sprache-Test“ („Face-Arm-Speech-Test“, Merkhilfe: FAST) entwickelt, um eine rasche Erkennung von Schlaganfällen zu ermöglichen. Dieser einfache Test ist erstaunlich genau in der Erkennung von Schlaganfällen und sollte möglichst allgemein bekannt sein:
Gesichtsschwäche: Kann die Person lächeln ? Hängt dabei ein Mundwinkel oder die Augenpartie ?
Armschwäche: Kann die Person beide Arme anheben ?
Sprachprobleme: Kann die Person klar sprechen und verstehen, was Sie sagen ?
Wenn auch nur eine Frage mit Nein beantwortet wird (und keine Alkohol-bedingte Störung vorliegt) besteht der dringende Verdacht auf einen Schlaganfall.
Symptome eines Schlaganfalls treten typischerweise schlagartig auf. Ein Taubheitsgefühl oder die Schwäche eines Armes und/oder Beines, eine verwaschene, kaum mehr verständliche Sprache, erhebliche Schwierigkeiten beim Formulieren bzw. Finden von Wörtern oder Schwierigkeiten beim Sprachverständnis sind häufige Symptome. Auch ein plötzliches Verschwommensehen oder der komplette Verlust des Sehvermögens auf einem oder beiden Augen, eine plötzliche Verwirrtheit oder starke Gleichgewichtsstörungen weisen ebenfalls auf einen Schlaganfall hin. Nicht zuletzt kann auch ein schlagartig einsetzender, sehr heftiger Kopfschmerz Hinweis auf einen Schlaganfall sein.
Wichtig ist es auch zu wissen, dass sich typische Schlaganfallsymptome schon nach Minuten von selbst wieder bessern oder zurück bilden können. Diese vermeintliche Besserung ist jedoch hoch gefährlich. Die sogenannten „transienten ischämischen Attacken (TIA)“ sind als letztes Warnsymptom zu verstehen, in vielen Fällen tritt der endgültige Schlaganfall dann innerhalb der nächsten Stunden oder Tage ein. Die Aufnahme in eine Klinik zu den notwendigen Untersuchungen ist auch in diesen Fällen unbedingt und ohne Verzögerung erforderlich.
Was ist zu tun ?
Auch wenn Sie im Zweifel sind, rufen Sie sofort den Notarzt (nicht den Hausarzt !). Schildern Sie der Rettungs-Leitstelle die Symptome so genau, wie möglich, um schon eine frühzeitige Transportplanung in eine geeignete Klinik zu ermöglichen. Je nachdem, wo Sie wohnen und wie eindeutig die Symptomschilderung ist, wird die Leitstelle ggf. auch einen Hubschrauber-Transport organisieren und bereits die Klinik verständigen, um die kritische Zeit bis zum Behandlungsbeginn möglichst kurz zu halten.
Denn in der Schlaganfallversorgung gilt allgemein der Leitsatz „time is brain“ als Kurzfassung für die wichtigste Erkenntnis: je früher die Behandlung beginnt, umso mehr Gehirngewebe lässt sich retten und umso geringer werden die verbleibenden Dauerschäden sein.